30.04.2011 Die GOC-Familientreffen-Satire

Es ist bekannt, dass sich große, dezentrale Organisationen gerne ein- bis mehrmalig im Jahr zusammenfinden, um wichtige Dinge zu regeln. In der GOC-Familie sind dieses die bei den Mitgliedern recht unbeliebte GOC-Hauptversammlung und das GOC-Treffen.


Die Hauptversammlung:

Gründe, bei der Hauptversammlung nicht teilnehmen zu können, gibt es viele. So findet sie gerne in der Erkältungszeit statt oder selbst bei guten klimatischen Bedingungen halt eben immer noch an ausgerechnet dem Kehrwoch-Samstag, an welchem auch noch Rasen gemäht, das Auto gewaschen, Fenster und Küche geputzt und die Kinder gebadet, die Fahrräder gerichtet und das Angrillen mit den Nachbaren organisiert werden müssen. Auf diese Weise findet sich meistens nur ein sehr kleines Teilnehmergrüppchen von maximal 25 Vereinsmitgliedern für die Hauptversammlung. Das diese aus den eben genannten Gründen eigentlich eher zu der sozialen Rand-Clientel gehören, die vor den wichtigen Sozio-Ökonomischen Verpflichtungen der Kehrwoche zurückschrecken, ist doch klar. Entsprechend leicht kann man diese eher einfacher gestrickten Ärzte, Banker, Verwaltungsangestelten, Handwerker und sonstigen Haderlumpe mit recht simplen Mitteln locken und für ihr kommen belohnen. Der Lohn besteht meistens aus einem gut sättigenden Abendessen und der Möglichkeit, im Rahmen dieser Veranstaltung auch ein paar "Freiwillige" zu finden, mit denen sich anschließend eine kleine Taubertour im Canadier bewerkstelligen lässt. Der zweite Teil des Lohnes ist rein wertschätzender Natur und lässt ausgesuchte Mitglieder mit eingeschränktem Bewegungs- und somit auch Fluchtvermögen nach der Versammlung mit stolz geschwellter Brust von "Ihrem" neuen Ehrenamt im Verein erzählen. Böse Zungen behaupten allerdings, dass der oben erwähnte, ganz besondere Kehrwoch-Samstag, von den fast dreihundert ausbleibenden GOC-Mitgliedern extra so gewählt wird, um der Gefahr aus dem Wege zu gehen, auf der Hauptversammlung ein Amt auf's Auge gedrückt zu bekommen. Das sind, wie schon gesagt, nur die Aussagen böser Menschen, die hier auch nicht namentlich erwähnt werden sollten...

Das GOC-Treffen:

Das GOC-Treffen liegt zeitlich schon günstiger. Immerhin kann man sich hier zum Ende April meistens auch zum ersten und letzten Male mit besten Gewissen bei einem Treffen mit Tipi, Ofen und Winterausrüstung sehen lassen. Auch sind die Termine nicht ganz so problematisch. Denn Konfirmationen oder Kommunionen lassen sich notfalls schon mal verschieben. Notfalls tritt man eben rechtzeitig in den Kirchenvorstand ein, um die Terminlage ausreichend gut beeinflussen zu können. Und die Kinder, das Auto, die Frau und das Haus sind ja sowieso noch von der Kehrwoch am GOC-Hauptversammlungs-Wochenende ausreichend sauber, so dass es eigentlich gar keinen Grund gibt, das Treffen zu verpassen.

"Eigentlich" deshalb, weil es eben doch noch Gründe gibt! Als die meisten Mitglieder sich damals vor fünf bis zehn Jahren noch in ihrer Jugend ein Navi gekauft hatten, wurden sofort die Veranstaltungsorte des GOC einprogrammiert und mit den Veranstaltungsnamen versehen: "GOC-Treffen", "Fränkische Saale", "Becherovka" und wenn es der Platz noch erlaubte "Indian Summer" waren jetzt für immer abgelegte Ziele. Ach ja, gewisse Worte waren einfach nicht vollständig in's Navi einzugeben und wurden deshalb auch weggelassen: "G-O-C HAUPTVERSAMMLUNG" war zu lang. "ICE-BREAK-TOUR" führte immer zu Missverständnissen, wenn man den nächsten ICE-Bahnhof suchen wollte, der Begriff wurde sofort wieder gelöscht. Und wo liegt jetzt das Problem des "Eigentlich"? Tja, damals, da waren wir alle noch viel jünger. Und kaum, dass wir etwas reifer geworden sind und uns an unsere Navis gewöhnt haben, werden Veranstaltungsorte geändert!!! Plötzlich soll "GOC-Treffen" nicht mehr da sein, wo im Navi "GOC-TREFFEN" steht!!! Und dann noch bei einem Ort, dessen Namen es mehrfach in Deutschland gibt!!! Liegt der nicht sogar in der ehemaligen DDR? Dafür hat das Navi doch noch keine Karten!!! Soweit aus dem Süden anreisen? Dann muss ich ja unterwegs tanken, obwohl ich mir garnicht gewiss bin, ob es außerhalb meines Heimatortes Tankstellen gibt!!! Diese Komplexität hat berechtigt einige, ansonsten von der Konituität ihres Sportes verwöhnte Canadierfahrer nahezu um den Verstand gebracht. Eine unverständliche Maßnahme des Vereins, da es doch vorher ganz einfach war: Die Leute aus der DDR sind sonst auch immer überall hingekommen, weil sie sich auf eBay die gebrauchten Navis der Volkspolizei geholt haben (Die mit den Spionagekarten von der BRD). Und die aus dem hohen Norden, wo man sowieso nur mit dem Canadier segelt, die waren sowieso immer zu geizig, um an den doch so nahe gelegenen Main zu fahren! Auf gut Deutsch: es gibt genug Gründe, "eigentlich" eben doch nicht zum GOC-Treffen kommen zu können.

Dennoch findet das GOC-Treffen Zulauf. Eine große Anzahl von Mitgliedern hat entweder Kinder oder Eltern, die bei der Neuprogrammierung des Navi helfen. Eine weitere Untermenge muss plötzlich feststellen, dass das GOC-Treffen nunmehr nahezu in der "Nachbarschaft" stattfindet. denn was sind schon 300-500 Kilometer Anreise gegen 550-750 Kilometern zuvor? Einige wohnen sogar plötzlich nahezu direkt vor Ort! Denn Berlin, Oderbruch etc. liegen ja alle in der ehemaligen DDR und somit direkt neben dem BRD-Zonenrandgebiet!

Auf diese Weise findet sich dann auf dem GOC-Treffen plötzlich eine unerwartete Anzahl von GOC-Mitgliedern, die sofort mit einem Problem konfrontiert werden, dem der Daheimgebliebene GOC-ler ähnlich dem Dauercamper nicht ausgesetzt ist: Was tun, wenn Tipi, Ofen, Schafs- und Rentierfelle ausgebreitet sind, das Lagerfeuer knackend und knisternd Wärme verbreitet und es eigentlich noch viel zu früh für den ersten Kasten Bier ist? Jetzt ist es wichtig, dass die Conferenciers und Entertainer ein ausgeklügeltes Programm zur Verfügung halten. Ganz subtil wird zumeist mit dem Aufbau von Verkaufsständen begonnen. Denn der Mensch von heute weiß sich der Vielzahl seiner Freizeitgestaltungsmöglichkeiten zu benutzen. Wenn es dann mal keinen Fernseher, kein Auto und keinen Computer gibt, dann gibt es nur noch zwei historisch bekannte Möglichkeiten der Unterhaltung: "Brot und Spiele"! Brot ist am einfachsten zu bieten: Eine Wurst-und Fleischgrillerei bietet Produkte der feinsten Art zu einem attraktiven Getränkeangebot. Ferner werden Waren feilgeboten, die bisher noch keiner haben wollte, die aber jeder haben muss!!! Und diese Verkaufsstände bilden dann auch die Entertainment-Grenzschicht zwischen dem Brot und den Spielen. Schließlich müssen die Verkäufer ja auch ihre Produkte feilbieten und mit einigen, besonders erfahrenen, Kritikern und Wissenden über die Produkte debattieren. Dabei geht es um viel theoretische erarbeitetes Wissen mit prätentiös hinterlegter praktischer Erfahrung von bisher Null! Die Zuhörer aber staunen über das Unwissen des Verkäufers und die Expertise des Debattierenden. Irgendwann aber geben die meist weniger gut geschulten Verkäufer auf und gesellen sich zu dem Volk am Bratwurst und Getränkestand. In diese kritische Phase müssen die offiziell eingesetzten Entertainer jetzt gezielt und gekonnt eingreifen. Sonst fallen die Besucher in eine Lethargie, aus der sie meist erst nach einem Apnöe-Ausnüchterungsschlaf am nächsten Morgen erwachen. Von wenig Können und Fingerspitzengefühle zeugen klägliche Versuche, Workshops anzubieten. Denn hier wird der nach Spielen Suchende plötzlich selber zum Gladiator degradiert! Und meistens sind die Workshops für die Zuschauer auch so langweilig, dass nach wenigen Sekunden ein müdes Gähnen dem nächsten folgt und dann ganz schnell der Platz neben dem eigenen Flachmann aufgesucht wird. Ist aber auch verständlich, wenn in einem Piranha-freien See, in dem noch nicht einmal ein paar Deppen mit ihren Jet-Ski durch die trainierenden Kanuten brettern, Stilübungen für ein leichteres und effektiveres Kanufahren abgearbeitet werden. Und Messerschleifen ohne den ganz großen "Knaller" bringt ja auch nichts! Früher wurden dann mit geschliffenen Beil echte Köpfe von echten Verbrechern abgeschlagen. Aber hier? Mehr als ein versehentlicher Schnitt in den prüfenden Daumen ist doch garnicht mehr drin!!! Deshalb werden dem vergügungssüchtigen Publikum auch sehr bald ein paar lustige Spiele zum Zuschauen angeboten: So dürfen Erwachsene bei lustigem Seitenwind ein Wettrennen um kleine Bojen machen, Kinder an einem Training bei Jörg Wagner teilnehmen. Aber irgendwann hat das Klientel seine Aufgabe erfüllt, die Speicherchips der High-End Digitalkameras mit einigen Gigabite nichtssagender Dokumentarfotos zu füllen und dann ist die Luft wirklich raus. "Zum Glück" sagen sich alle Teilnehmer. Jetzt darf man am Lagerfeuer endlich von den wirklichen Abenteuern erzählen, dabei eine chemisch hoch explosive Getränkemischung in der Speiseröhre verklappen und nebenbei auch noch der Frau eine Möglichkeit bieten, endlich die neu beschafften Küchenutensilien einzuweihen.


Sehr zum Leidwesen der "Wissenden", die jetzt wieder auf den Plan treten müssen, um den Damen mitzuteilen, dass das erworbene Gerät zwar ganz gut sei, sie aber auf Dauer damit sehr unglücklich sein werden. Die Gewinner dieses Abends sind auf der einen Seite die Kinder, deren Eltern jetzt keine Zeit mehr zum ständigen Kontrollieren und Nachfragen und Füttern und Tränken haben. Andererseits gehts dem Getränkestand auch zunehmend gut, da in vielen Familien beim Einpacken von "Hohes C" und Bier und Schnaps ein kleiner Fehler im Verteilungsschlüssel zugunsten des Anteils von "Hohes C" aufgetreten ist, den man jetzt am Abend auch nicht mehr berichtigen kann.

Im Allgemeinen ist das auch die Stunde derer, die als einzige ein Feuer zu machen verstehen. Sie erscheinen jetzt plötzlich an allen Feuern wie der Phönix aus der Asche und geben viele wichtige Informationen von sich, von denen bisher noch keine einer praktischen Probe standhalten konnte. Es sind auch diese Leute, die die Unterhaltung schließlich von dem Feuer auf das richtige Paddel, die richtige Paddeltechnik  und viele andere Dinge lenken. Irgendwann nach Mitternacht haben sie dann ihr Ziel erreicht, indem sich der Mob der Unwissenden Zuhörer langsam in die eigenen Schlafsäcke verzogen hat und die Wissenden untereinander über ihr Wissen fachsimpeln. Für den geübten Camp-Besucher sind diese, meist bis in die frühen Morgenstunden andauernden Gespräche eine seltsame aber wirksame Schlafmusik.

Gegen acht Uhr berappelt sich dann meistens so ein Lager. Liegen die Morgentemperaturen noch unter 25 Grad, wird in einer über Jahre im GOC-Treffen eintrainierten Routine erst einmal das Holz für den Ofen gehackt, dieser dann befeuert, bevor sich alle wieder in die Schlafsäcke zurückziehen, um bei dem freundlichen Knistern des Feuers noch ein wenig zu dösen. Alle? Nein, alle, bis auf die Frauen und Organisatoren, denen die Versorgung der vom Lagerleben erschöpften Teilnehmer obliegt. Diese fangen schon mal an, neben dem Feuer auf ihren Benzinkochern das Kaffeewasser aufzuheizen und den Dutch Oven aus dem eigenen Schlafsack zu ziehen, damit die dort über Nacht warmgehaltenen Sauerteig-Brötchen auch bald gebacken werden können. Kaum haben die Teilnehmer ihren Tisch gedeckt und den Kaffee in die Tassen eingegossen, bricht Hektik im Lager auf. Es wird Zeit, die Boote für die gemeinsame Ausfahrt zu laden und die Autos zu positionieren. Auf die Sekunde genau laufen diese Pläne ab, während im Hintergrund Frauen und Organisatoren die Unordnung dieses Aufbruches wieder ein wenig zu kompensieren versuchen.

So eine Ausfahrt dauert meistens vier bis fünf Stunden. Sie hat das Ziel, die Spreu der Teilnehmer vom Weizen zu trennen. Denn die Spreu der im Lager Verbliebenen wird jetzt schon anfangen, die Abreise vorzubereiten und unter Umständen schon weit vor der Rückkehr der Canadierfahrer das Lager verlassen haben. Im Gegensatz dazu genießen die Canadierfahrer die wenigen Stunden, in denen endlich das getan wird, was sie am meisten lieben: paddeln, reden, umtragen, pausieren und eventuell irgendwo ein wenig einkehren. Nach der Rückkehr geht es dann aber auch für diese Leute sehr schnell. Schnell steigen die Besitzer der Autos, die noch an der Einstiegsstelle stehen, bei den Shuttle-Bunnies ein. Schnell, manchmal zu schnell, rasen die Shuttlebunnies irgendwohin, merken dann, dass Ankunftsort und Ziel in keinem Verhältnis zueinander stehen, rasen dann in totaler Verachtung der eigenen Schöpfung und des Lebens der Mitfahrer demonstrativ riskant zurück, versuchen es noch einmal und erreichen irgendwann mal ihr eigentliches Ziel, falls nicht der zuvor noch volle Tank nach einer kurzen Rotlichtphase dem Motor die Abgabe weiteren Treibstoffes verweigert. Dann spätestens wissen die Rückholer, dass man tatsächlich die Strecke von zwei Stunden Fahrzeit auch in einer halben Stunde zu Fuß zurücklegen kann. Die meisten sind aber dem Schöpfer für ihr Überleben so dankbar, dass dem Shuttlebunny sogar zum Dank für die erlittenen Qualen ein kleiner Beitrag zu den Reisekosten dieser Autorückholung übergeben wird.

Danach folgt die endgültige Trennung zwischen fleißigem GOC-ler und dessen faulen Pendants. Während der fleißige Kanut sich nach der glücklichen Wiedervereinigung mit dem eigenen PKW sofort mit Packen und den Vorbereitungen für die Heimreise beschäftigt, setzt sich der Faule an sein Zelt, sendet ein paar dankbare Stoßgebete nach oben und genießt die Abendstimmung an dem wunderbaren See. Dann macht er ein Feuerchen an und unterhält sich noch in Ruhe mit ein paar weiteren faulen GOC-lern, die Eines gemeinsam haben: Sie sind glücklich, an diesem Treffen teilgenommen zu haben, tolle Leute getroffen zu haben und viel erlebt zu haben.

Der Rest dieser Geschichte ist nämlich

in dieser Form nahezu unwahr.

Aber es hätte auch so sein können.
Wenn auch nicht beim GOC-Treffen,
so doch vielleicht beim
Golf-Treffen am Wörther See?



Allen Organisatoren einen ganz,
ganz herzlichen Dank für dieses Event.


Guten Appetit !
Und Prost!

...auf das nächste Treffen an diesem wunderbaren Ort...

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