09.04.2011 Das romantische Mittelrheintal

Eintrag im Canadierforum am 09.04.11 um 09:27 Uhr:

"Hallo,
ich gehe am heutigen Tag (09.04.) nachmittags auf eine 24-Stunden Tour. Von Biebrich bis, sehr wahrscheinlich, nach Sankt Goarshausen
."

OK, ich gebe zu, dass die Idee sehr kurzfristig kam und der Eintrag im Forum sehr spät erfolgte. Deshalb machte ich mir auch keine Gedanken, als ich am Treffpunkt am Biebricher Schloss keinerlei PKWs mit aufgesattelten Kanadiern sehen konnte. Gemütlich baute ich mir den Ally zusammen und stach erst gegen 19:00 Uhr in "See". Vor mir lag eine wunderschöne Wasserlandschaft, die durch den leichten, westlichen Wind etwas aufgekräuselt und von der aus gleicher Richtung flach über dem Wasser stehenden Sonne mit milliarden glitzernder Lichtreflexe überzogen wurde. Es war einer dieser wunderschönen Abende auf dem Rhein, von denen die Passanten am Treidelweg leider nicht viel mitbekommen konnten. Ich fühlte mich so entspannt, dass ich mich entschloss, meinem Bauchgefühl zu folgen und meinen ersten Lagerplatz bereits nach wenigen Kilometern auf der Rettbergsau aufzuschlagen.

Die Rettbergsau ist eine Rheininsel, die nach Norden von einem sogenannten "Leitwerk" vom Hauptstrom des Rheins abgetrennt wird. Zwischen dem Leitwerk und der Insel fließt ein kleines Gerinsel, welches sich mäandernd seinen Weg durch hohe Sandablagerung sucht. Versuche, den Durchfluss mittels schnurgerader Durchstiche wieder zu verstärken schlugen bisher fehl. Anscheinend weiß das Wasser genau, was für es gut ist und der Rest wird halt eben bei einem der vielen Hochwasser wieder zugeschwemmt...

An diesem Abend war das Wasser so niedrig, dass ich kurz nach der Einfahrt in den östlichen Einlass vor einer fast zwei Meter hohen Sandwand stand. Zum Umtragen war ich zu faul, deshalb fuhr ich wieder auf den Hauptstrom hinaus und suchte mir den westlichen Einlass. Inzwischen war es schon kurz vor acht Uhr und die Sonne fing an, ihr orange-gelbliches Licht über eine zunehmend schwärzer werdende Wasserfläche zu senden. Mitten in dem Einlass lag eine Motoryacht ruhig vor Anker und von dem Strand am Leitwerk legte gerade ein Motorbootfahrer nach seinem Kurzurlaub af dem feinen Rheinsand ab. Diese Stelle suchte ich mir als Lagerplatz. Die Kriterien dafür waren recht einfach. Ich benötigte zwei schön gelegene Baumstämme zum Aufhängen der Hängematte und ein Plätzchen für mein Feuer. Die Baumstämme hatte ich schon beim Einbiegen ausgemacht und die Feuerstelle der Motorbootfahrer war noch gut warm, so dass ich nicht viel Arbeit mit dem Feuermachen zu erwarten hatte.
 Bald war der Lagerplatz eingerichtet und ich machte es mir am Feuerchen gemütlich.

 Währenddessen verschwand die Sonne langsam hinter dem Ally am Horizont.

Kurz nachdem ich mich in meiner Hängematte eingerichtet hatte, klingelte das Telefon. Gabi hatte eben erst von meinem Vorhaben gelesen und wollte wissen, ob wir uns unterwegs noch irgendwo treffen könnten. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen um neun Uhr im Schiersteiner Hafen. Nach einem kurzen Frühstück an der Bootsrampe des Hafens, schiffte Gabi bei mir mit ein. Bei schönstem Wetter glitten wir aus dem Hafen heraus und hielten uns an dem rechten Rheinufer unterhalb der schönen Rheingauer Industriellenvillen.  

Wir waren früh genug unterwegs, um den Leuten noch beim Frühstück auf ihren Terassen zuzusehen. Aber auch rechtzeitig genug, um diesen Zuschauern den Anblick eines leicht und harmonisch gepaddelten Canadiers zu bieten. Wer von uns auf welcher Seite nun mehr Neid generieren konnte, war uns egal. Eine solche Landschaft bei diesem Wetter auf einem so schön lebendigen Fluss verbietet einfach komplizierte Gedanken und lenkt die Unterhaltung gerne wieder auf andere Themen.

So konnte ich während der Vorbeifahrt an Eltville  von dem schönen Rosengarten im Schloss erzählen und natürlich auch von der tollen Bratwurst vor dem Garteneingang...

Bei Östrich durchfuhren wir das dort recht löchrige Leitwerk und suchten uns gegenüber der Ortschaft Winkel auf einer riesigen Kiesbank ein Pausenplätzchen. Bei intensivem Sonnenschein faulenzten wir ein wenig.


Wir verließen dieses Stückchen Altrhein wieder auf Höhe der Fulder Aue unterhalb des Schlosses Johannisberg.

Während wir mit der flotten Strömung auf den linksrheinisch gelegenen Ort Bingen zufuhren, hätten wir fast das für seine "Drosselgasse" bekannte Weinörtchen Rüdesheim übersehen! Welch ein Unterschied zwischen der Wasseransicht dieses Ortes und dem Ortsbild von der Straße aus! Von der Uferpromenade aus wirkt die Stadtfront mondän und quirlig. Nicht aber so vom Wasser aus:

 Gäbe es hier nicht mehr Schiffsanleger als Häuser, hätte ich diesen Ort nicht identifizieren können!


So aber manövrierten wir uns durch die anfahrenden Ausflugsschiffe hindurch, bis wir dann am Binger Loch zwischen der Burg Ehrenfels und dem Mauseturm mit dem Fluss in Richtung Norden abbogen.
An dieser Stelle wurde das Wasser recht lebendig und ein wenig lustiger zu steuern. Dieser Zeitvertreib vor der grandiosen Kulisse der rechts und links steil abfallenden Hänge ließ die Zeit im Fluge an uns vorbeiziehen. Bald schon hatten wir  Assmannshausen erreicht. Das auffällige Schweizerhaus blieb links von uns liegen, während sich vor uns die ersten großen Burgen dieses Rheinabschnitts aufbauten.
Die Burgen Reichenstein und Sooneck auf der linken Seite waren die Wegmarken für das sich jetzt wieder ausdehnende Flussbett. Am Lorcher Werth wurden wir von dem Fahrgastschiff "Ehrenfels" überholt. Der besonders nette Schiffsführer nahm während der Überholphase extra seine Fahrt heraus, um uns vor den Wellen seines Schiffes zu bewahren. Eine freundliche Geste, an der sich vielleicht auch mal die Freizeit-Skipper ein Beispiel nehmen könnten. Dafür nochmal einen herzlichen Dank auf diesem Wege!

Die Sonne hatte inzwischen ganze Arbeit geleistet. Gut aufgeheizt ließen wir uns von dem Anblick des Ortes Lorch zu einer "kleinen" Pause verleiten. In einer freundlich geführten Weinlaube genehmigten wir uns eine kühle Weinschorle. Während wir in unserem Gespräch die schöne Strecke nochmals Revue passieren ließen, keimte bei uns auch der Wunsch auf, diesen entspannten und entspannenden Tag an diesem Ort zu beenden. Wir hatten nun wirklich genug Schönes erlebt. Mit dem flott verpackten Ally warteten wir bald darauf am Bahnhof von Lorch unseren Zug. Die anderen Fahrgäste, die zum größten Teil vom Rheinsteig kamen, wunderten sich nicht schlecht über die beiden "Verrückten", die mit diesem großen, grünen Rucksack auf Wanderschaft gewesen sein mussten. Erst später im Zug lüftete eine neugierige Dame das Geheimnis. Der Weg vom Bahnhof Biebrich zu dem am Rheinufer parkenden Doblo führte uns durch den Biebricher Schlosspark. Zum Abschluss unserer Tour genehmigten wir uns noch bei meiner Lieblings-Eisdiele ein Eis, dann hieß es auch schon, "Auf Wiedersehen" zum Rhein zu sagen. Denn eines war uns sicher: Wir werden uns bestimmt sehr bald der restlichen Kilometer dieser wunderschönen Strecke mit ihren steilen Hängen und wunderbaren Burgen annehmen. Allerdings nicht mehr ganz so spontan. Denn so etwas Schönes erlebt man eben doch am besten zusamen mit Freunden!

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